Welt am Sonntag – 27.1.2002 – "1000 Stars und eine Nova"

1000 Stars und eine Nova

Die Ahlenerin machte Bravo-TV und war bei Viva Moderatorin. Nun ist Nova Meierhenrich als Premiere-Reporterin auf allen Galas der Show-Welt zu Hause Von Annette Westhoff Köln – Klar, Oma Herta war sehr stolz auf ihre Enkelin. Jeden Sonntag Nachmittag, wenn Bravo-TV auf RTL2 lief, saß die 77-Jährige nicht etwa mit ihren Freundinnen beim Kaffeeklatsch – nein, sie machte es sich auf ihrem Sofa bequem und ließ sich von ihrer Enkelin über das Neueste in der Pop-Szene aufklären. Das konnte gar nicht langweilig werden, schließlich plauderte Nova quasi aus dem Nähkästchen. Ja, Nova war für sie schon etwas Besonderes, ständig wurde sogar über die Enkelin selbst berichtet. In einer großen Kiste sammelte die Ahlenerin alle Kommentare, Kritiken oder Porträts über Nova, die sie finden konnte. Nur eine Zeitschrift fehlt bis heute in der Kiste, und zwar ausgerechnet die, in der Nova Meierhenrich ihren bislang spektakulärsten Auftritt hatte. Aber dazu später. Ein bisschen Wehmut schwingt mit, wenn die 28-Jährige Moderatorin von Oma Herta erzählt, die letztes Jahr bei einer Herzoperation gestorben ist. Die Kiste mit den Zeitungsschnipseln betrachtet sie als ihr Erbe, sie steht jetzt in ihrer Kölner Wohnung. Die Oma sei zu früh gestorben, klagt Nova. „Meine SAT.1-Show mit Franklin hätte ihr bestimmt gefallen.“ In „Sag Ja!“ geht es nur ums Heiraten. Überhaupt, ihre Karriere bekam erst im letzten Jahr einen neuen Schub. Der Pay-TV-Sender Premiere World warb um sie und machte sie zu seiner Lifestyle-Reporterin: Seitdem gibt es keine Filmpremiere, keine Gala, kein Formel- Eins-Rennen ohne Nova. So berichtet sie ab dem 6. Februar täglich eine Stunde live von der Berlinale. Die Sendungen können Fans ohne Gebühr über Satellit in ganz Europa empfangen. Interviews mit Stars wie Ben Kingsley stehen ihr bevor – aber nervös ist sie nicht. Schließlich hat sie erst diese Woche Tom Cruise und Penelope Cruz getroffen. Das sei witzig gewesen. Vor allem, weil die Schauspielerin selbst mit Stöckelschuhen ihr nur bis zu den Augen reichte. Ein seltenes Erlebnis – Nova misst nur 160 Zentimeter.
Aber ihre Größe, sagt sie, habe sie zuletzt in ihrer Pubertät beschäftigt. Da hatte sie Angst, deswegen nicht akzeptiert zu werden. In dieser Hinsicht können sie selbst ihre Besuche in den USA nicht erschüttern: Dort muss Nova jedes Mal ihren Personalausweis zücken, sobald sie einen Drink bestellen will. Sicher ist ihr Selbstbewusstsein mit dem Erfolg gewachsen. Erst im letzten Jahr kürte die Zeitschrift FHM sie zu einer der zehn sexiesten Frauen der Welt. Womit wir wieder bei der Oma wären. Denn genau diese Zeitschrift fehlt in ihrer Kiste. Der erotische Titel und die Fotostrecke im Inneren waren der alten Dame doch zuviel Nova. Im Supermarkt versuchte sie, die Zeitschrift mit anderen Blättern unauffällig zuzudecken, wie Novas Mutter einmal beobachtet hatte. „Dabei bin ich auf keinem Bild nackt“, lacht Nova. Ausziehen würde sie sich nie für Fotos. Der Oma waren wohl die vergleichsweise sittsamen Fotos trotzdem peinlich vor der Ahlener Nachbarschaft. Den Eltern nicht. Sie fanden alle Aufnahmen toll. „Das war mir das Wichtigste“, sagt Nova, die regelmäßig in ihre Heimatstadt fährt und jedes Jahr am 25. Dezember im „Büz“ – Bürgerzentrum – ihren Geburtstag feiert.
Dort geht sie jedoch nur mit ihren drei jüngeren Brüdern hin, einen Freund hat sie zurzeit nicht. Nova fürchtet, dass die Ahlener sie nach ihrem Karriereschub falsch einschätzen könnten. „Dabei bin ich noch immer die Nova, die ich immer war.“ Sie sei nicht abgehoben, auch wenn ihr Name genau das nahe legen würde. Er kommt aus dem Griechischen und heißt „Neuer Stern“. Als ein solcher gilt sie auch am Moderatorenhimmel, aber deshalb bleibt Nova trotzdem am Boden – bislang. Das zeigt schon ihr Kleidungsstil. Sie mixt Designer-Mode frech mit preiswertem Chic von H&M. „Niemals würde ich 1000 Mark für eine Hose ausgeben.“ Solche Preise findet sie einfach absurd. Ein bisschen kann sie die Ahlener auch verstehen. Für sie selbst war bis zum 20. Lebensjahr immer klar, dass aus der westfälischen Kleinstadt nichts Berühmtes kommen könne. „Stars kamen für uns aus Hamburg oder Berlin, aber nicht vom Land.“ Sie selbst trat den Gegenbeweis an, als sie aus einer Laune heraus bei einem Casting teilnahm und entdeckt wurde.
Sie wollte nicht zum Fernsehen, sondern in die Werbung: „Für eine Ahlenerin war diese Branche schon glamourös genug.“ Sie studierte bereits Kommunikationswissenschaft in Essen. Aber kurz vor dem Abschluss kam alles anders. Dabei hätte sie gern ihren Magister gemacht: „Beim Fernsehen ist man ja auch schnell wieder draußen.“
In ihrem Fall scheint diese Sorge unbegründet. Im Mai wird sie die ersten beiden freien Tage in diesem Jahr haben – bis dahin ist sie weltweit für Premiere World auf Tour. Nova ist gefragt, und zwar so sehr, dass das erwähnte Magazin im März eine neue, achtseitige Fotostrecke über sie bringen wird – erotisch, aber züchtig natürlich, ganz so, wie es eine Ahlenerin eben noch vertreten kann.